pö a pö #4 – 26.10.19 – 21.30 Uhr – Kaffe Güzel

pö a pö #4 – 10/26/19 – 9.30pm – Kaffe Güzel +++ english version below


Beziehungsweise


Räsume #4

Liebe Jenossinen und Jenossen,
nun ist es bereits über zwei Wochen her, dass wir unser letztes pö a pö begangen haben, doch es wirkt immer noch nach. Und in weniger als zwei Wochen geht es auch schon weiter. Nach einer so langen Pause, einigen strukturellen Änderungen und nicht zuletzt einem neuen Ort, waren wir sicher aufgeregt, wie und was pö a pö jetzt sein würde. Zu allem Überfluss mussten wir auch noch so spät anfangen. Aber das Experiment ist uns gelungen. Vor allem Dank der Konzentration des Publikums. Für volle drei Stunden bis halb Eins einem fordernden Programm zu folgen ist nicht immer einfach, aber beweist die Qualität des Gebotenen, das man weiter unten nochmal im Detail Revue passieren lassen kann. Die Reflexion über Sprache und Sprachen ist damit sicherlich nicht abgeschlossen, aber der Mehrwert des Zuhörens erfahrbar geworden.
Wie gesagt, wirft das nächste Mal seine Schatten bereits voraus und hier schonmal der Hinweis: Weiter geht‘s am Samstag, den 23. November um 19 Uhr im Kaffe Güzel im Bischofsweg 48-50, Köln.

Seid gegrüßt
Lennart

PS: Im Hut sind 58,50€ gelandet, die als Fahrtkosten für von weiter her anreisende Beitragende verwendet werden können.


Nachlese #4

α. Kaffe Güzel
www.facebook.com/KaffeGuezel/
www.instagram.com/kaffe_guezel/
Was für ein schöner Ort! What a lovely place! Das wurde von vielen Seiten gesagt. It‘s true. Vielen Dank Kaffe Güzel for having us. Die Wertschätzung ist gegenseitig.

0. Nippes-Corner-Connection – Simon, Thilo, Ludwig, Karl
Ludwig: www.soundcloud.com/mintonsclassics/
Was wäre dieser Abend ohne die NCC gewesen? Voller Pausen und Lasse ohne Hymne geblieben. Ein Anfang hätte auch gefehlt.
Bei Interesse einfach in Nippes ansprechen, es heißt, die tanzen auf vielen Hochzeiten.

1. RAI.LI
www.soundcloud.com/railiaudio
This Machine!: www.open.spotify.com/artist/4EZfCvOnZmdUA5TEsV4O00?si=sIoJ9HSgQOuB5UyPMuSj0A
Finnisch, Französisch, Englisch und Deutsc; in einem Act auf der Bühne! Chapeau und Johdannonkanssa!

2. The Language of Astronomy – Maude
From the time when the universe was without any light to the time of english as lingua franca Maude gave us some overview of the unsayable and how to speak about it.

3. tölvur post
Hallo Lenni,
Ganz spontaner fun fact;
E-Mail ist ein internationaler Term, aber die Isländer nennen die Mail „tölvur post“. Post erklärt sich von selbst, tölvur ist etymologisch sehr spannend. Das Wort entspringt einerseits „tala“ (Zahl), andererseits „völva“. Letzteres heißt Wahrsagerin. Heute meint tölvur Computer. Als der Computer erfunden wurde, haben die Isländerinnen also ein technisches Objekt metaphysisch, romantisch und abergläubig interpretiert. Die stumpfe Rechenarbeit von null und eins wird zur intuitiven Zukunftsvorhersage.
Lol
Grüzi
L.

4. János e Fiammetta
www.janosefiammetta.com
In ganzer Konzertstärke mit drei Sänger*innen, einer Gitarre, einer Geige und Trompete traten János e Fiammetta auf und verschafften uns nicht nur wohlige Momente, sondern auch eine ganze Reihe von Videoaufzeichnungen: www.instagram.com/p/B4KNHrqnl5c/ Man höre und staune.

5. Tom
Ganz unverhofft auf einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel.
Halt! rief der Fuchs, du Bösewicht!
Kennst du des Königs Order nicht!
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
Und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht!
Im Namen seiner Majestät,
komm her und übergib dein Fell!


Der Igel sprach: Nur nicht so schnell,
nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
dann wollen wir uns weitersprechen.
Und also bald macht er sich rund,
zeigt seinen dichten Stachelbund
und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.

Bewaffneter Friede – Wilhelm Busch

6. Free Hong Kong
www.facebook.com/freeHKexhibition/
There aren‘t so many things as urgent as the fight of the HongKongers for liberty in today‘s world. We got some introduction into the on-going protests and how the protesters use different kinds of languages and symbols to communicate while becoming a symbol of resistence itself. Language as a weapon of liberation!

7. Freda
www.facebook.com/fredamusik/
www.facebook.com/belitzki/
In dem ganzen Sprachchaos des letzten Mals brauchte es Freda, um auf die Qualitäten des Schweigens zu verweisen. Danke!

8. Wenn Herr K. einen Menschen liebt – Bertolt Brecht
Was tun Sie,“ wurde Herr K. gefragt, „wenn Sie einen Menschen lieben?“ „Ich mache einen Entwurf von ihm“, sagte Herr K., „und sorge, dass er ihm ähnlich wird.“ „Wer? Der Entwurf?“ „Nein“, sagte Herr K., „Der Mensch.“

9. Paula
Finally there was such a silence when Paula spoke up about the constraints of expectations to be met. You could hear a pin drop when she demonstrated the cruelty of fitting into some role or gender or genderrole. In a brave manner she summed up intimate experiences rendering them to an universal feeling we all know – but women face especially.

10. Jabberwocky – Thilo
Unsinn sund Inn schunterneiden bloß seine Bibel.
Das semonsdrierte Hilto schansaulich.
Fier hinden es sie um Zachnulesen: poeapoekoeln.files.wordpress.com/2019/11/jabberwocky-thilo.pdf

11. Philipp Süß
www.myspace.com/philippsuess/music/songs
Sich nach Zwölf nochmal auf die Bühne zu stellen, um den Auftritt mit den größten Ausschlägen auf dem Dezibelmessgerät zu stemmen, ist kein leichtes Stück. Aber eines mit dem man sich Lorbeeren verdient.


Einladung #4

Liebe Jenossinen und Jenossen,
nach langem ist es wieder so weit: eine nächste Ausgabe von pö a pö. Neun Monate und zwei Wochen ist es her, dass wir in der La Ranzeria waren. Dieses verflixte dritte Mal hat die Früchte getragen einer kurzen aber intensiven Entwicklung. Und nun, im Herbst, ist es Zeit für die Ernte dieser Saat und natürlich zugleich ein Neuanfang. Nun im Kaffe Güzel: Karte. pö a pö war immer mehr als nur die Organisation eines Abends, sondern gemacht und getragen, von den Leuten die drumherum und mittendrin tätig sind. Es wäre erschreckend wenn sich hier im letzten dreiviertel Jahr nichts getan hätte, was es nicht Wert wäre auf eine Bühne gestellt zu werden.

Dass es dieses Mal etwas später anfängt soll eine Ausnahme bleiben. Um es mit den Worten der Deutschen Bahn zu sagen: Aufgrund von Verzögerungen im Betriebsablauf. Das verlangt von den Besucher*innen und Partizipierenden umso mehr Pünktlichkeit. Wer zu spät kommt, verpasst den Anfang. Punkt. Beziehungsweise um halb.

Es gibt zwei Dinge, die von meiner Seite für die weitere Entwicklung von pö a pö angestrebt werden: Etwas mehr roter Faden. Quasi aus der chaotischen Ekleksis ein geordnetes Chaos machen. Dazu wird es deutlicher ein über dem Abend stehendes Thema geben. Das nächste Mal: Sprache und Sprachen, wie sie verbinden und ausschließen. Das bildet auch schon die Brücke zum anderen Schwerpunkt: pö a pö soll offener bzw. interessanter werden für Menschen, die kein Deutsch sprechen, was nicht nur eine Hürde sein muss sondern auch eine Bereicherung sein darf. Deswegen: english version below (and in red)

Schöne Grüße
Lennart


Manifest #4

Liebe Jenossinnen und Jenossen,
wir müssen reden. Alle Menschen müssen reden – oder sich anderweitig verständigen –, um zu überleben. Es gibt das beispielhafte Phänomen, dass wenn man jemanden ein Bild zeigt – ein offensichtlich nicht auditives Medium –, auf eine einander zugewandte Menschengruppe abbildet, diese Person in aller Regel annimmt, dass sich die Menschen auf dem Bild unterhalten. Die Floskel, es sei „nicht die Zeit zum Reden, sondern zum Handeln“, ist insofern in unserer Lage unangebracht, da sich die komplexen Probleme, vor die wir gestellt sind, gar nicht ohne sprachliche Verständigung lösen lassen. Und andererseits unterschätzt sie die Macht der Sprache, ganz so als könne Sprechen nicht auch eine Form des Handeln sein. An dieser Stelle wird zu häufig Labern verwechselt, mit unserer besonderen Fähigkeit die Welt in Worte zu fassen und mit eben diesen zu verändern.

Sprache ist eine Waffe.1

Der Teil der Sprache, der sich in Worten konstituiert, fängt jedoch nicht mit Sprechen an, sondern mit Zuhören. So erlernen wir unsere Muttersprachen. Wir eignen uns niemals unsere Privatsprache an, sondern finden uns ein in ein komplexes System, das unseren eigenen Überlegungen Jahrtausende vorausgeht, die sich dennoch erst in und durch dieses formulieren lassen. Der Kern der Sprache ist ein Entgegenkommen: Sich so auszudrücken, dass einem zugehört werden kann. In jedem Moment, in dem man etwas sagt, wagt man sich aus dem eigenen Bereich und spricht eine*n Andere*n an. In jedem Moment, in dem man zuhört, öffnet man sich gegenüber dieser*m Anderen. Das bedeutet nicht, dass das nicht in beide Richtungen hin ausgenutzt werden könnte, genau so wie es im besten Falle Aufrichtigkeit und Interesse verlangt. Aber an dieser Stelle, wo die eigene Perspektive gebrochen wird durch eine*n irreduzible*n Gegenüber, bedeutet bereits Verantwortung.

Sprache wird aus Verantwortung geboren.2

Nichtsdestotrotz, Sprache verbindet nicht nur, sie grenzt auch aus. Wie bei jeder Gemeinschaft, ist auch eine Sprachgemeinschaft eine, die Menschen aus- und einschließt. Notwendigerweise. Die beiden vorangehenden Absätze werden beispielsweise nur von Deutsch sprechenden Menschen verstanden. Und so viele gibt es von denen nicht. Genau genommen, sprechen 99% der Weltbevölkerung kein Deutsch. Letztlich gilt für alle Sprachen, dass es immer mehr Menschen gibt, die diese Sprache nicht sprechen. Wie mit dem Ausland, das auch immer größer ist. Oder, wie wir das vorhin schon hatten: Es gibt auch immer mehr Andere als man selbst. Die Kooperationsleistung, die jedem Sprechakt zu Grunde liegt, formt bereits den Gestus der Solidarität, um den es heute geht. Einander zu verstehen fängt damit an einander zuzuhören, ganz gleich in welcher Sprache.

Lasst uns also pö a pö den Turm zu Babel besteigen.

PS: beziehungsweise


1Kurt Tucholsky alias Panter, Peter: Mir fehlt ein Wort. In: Die Weltbühne, 17.09.1929, Nr. 38, S. 459.
2Meine Übersetzung nach: Levinas, Emmanuel: Ethics as first philosophy, in Emmanual Levinas, The Levinas Reader, transl. and edit. by Sean Hand (Oxford: Basil Blackwell, 1989), p. 82.


respectively


Recap #4

Dear comrats,
it‘s been already two weeks that we committed the latest pö a pö but it’s still reverberating. And in less than two weeks we’ll continue. It’s been such a long break as well as some structural modifications and a new place, so we were quite excited how and what pö a pö would be like. Additionally we had to start super late. But the experiment was successful. Thanks to the attentive auditory. To follow such a challenging programme for three hors until half past twelve isn’t easy at all. But it proves the quality of the contributions, which are shown in detail above (Unfortunately not all of them are translated. The contributions in red font colour are translated and were the ones presented in English.). The contemplation on language and languages isn’t obviously done yet but the benefit of listening has become tangible.
However, the next time is soon. Save the date: Saturday the 23rd of November at 7pm at Kaffe Güzel, Bischofsweg 48-50, Cologne.

Best
Lennart

PS: We collected 58,50€ for the traveling expenses for future contributors from afar.


Invitation #4

Dear comrats,
It‘s time again: a new episode of pö a pö. Nine months and two weeks ago we were at the La Ranzeria. That third time bore the fruits of a short but intense development. But now, in autumn, the time has come to reap the harvest and start anew, both at the same moment; at Kaffe Güzel: map. pö a pö is not done just by organizing this event but is established and sustained by the ones who are participating from behind and in the scenes. It would be tragic if nothing had happened that would be worth putting on stage.

This time we have to start late like the announcement in the train: “due to delay in operation.” This should remain an exception and requires exceptional timeliness from every visitor and participant.

There are two ideas for the development of pö a pö: A tiny little bit more structure. Forming an orderly chaos from the chaotic eclecticism we’ve had. Because of this there will be a central theme floating above every single event. The next time it’s labeled: language and languages as they connect and exclude people. This already links the other idea: pö a pö should become more open, respectively interesting for non-german speakers. As you know this isn’t a burden but an enrichment. And here you’ve read the first step towards it.

Best
Lennart


Manifest #4

Dear comrats,
We have to talk. Everyone has to talk or communicate otherwise in order to survive. There‘s a paradigm phenomenon: If you show anyone a picture (which is obviously not auditive) of a group of people facing one another, the person looking at the image is most likely to presuppose that the persons depicted are talking to each other. The common phrase “it’s not the time to talk but to act” isn’t apt to our world insofar that the complex issues we’re facing aren’t solvable without communication. All the more it underestimates the power of language; as if language isn’t a kind of action. That’s how we often confuse jabbering with proper use of language. The proper use of language being an outstanding ability to comprehend the world in words and change it through these words.

Language is a weapon.1

The world of language made of words doesn’t start with speaking but with listening. That’s how we learn our mother tongues. We never acquire a private language but find ourselves in a complex system which precedes our thoughts and emotions by epochs. In the same moment it’s this system which enables us to formulate those thoughts and emotions. The essence of language is a compromise: to express in a way where others can listen to you. In every moment of speech, one is venturing out of one’s own realm to address another. In every moment of listening, one is opening up to the other. This doesn’t avoid the danger of exploitation. To subdue this threat of misuse it requires sincerity and concern. Exactly at the moment when one’s own perspective shatters due to the irreducible other, that’s when responsibility arises.

Language is born in responsibility.2

Nevertheless language is as connecting as much as excluding. As every community, the community formed by a language, is necessarily including and excluding. For instance: the preceding two paragraphs are only understood by people who speak English. You may be surprised but that’s only 15 percent of the world’s population. It’s the same as for every other language: there are always more non-speakers than speakers of that language. In other words, as we already said, there are always more of the others than of you. The benefit of cooperation that’s entailed in every speech act already establishes this gesture of solidarity that we’re focusing on today. Understanding each other starts with listening – regardless the language.

Let’s mount the tower of Babel.

PS: respectively


1My translation of: Kurt Tucholsky alias Panter, Peter: Mir fehlt ein Wort. (I‘m missing a word.) in: Die Weltbühne, 17.09.1929, Nr. 38, S. 459.
2Levinas, Emmanuel: Ethics as first philosophy, in Emmanual Levinas, The Levinas Reader, transl. and edit. by Sean Hand (Oxford: Basil Blackwell, 1989), p. 82.

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